Unternehmensnachfolge im Mittelstand: Rechtzeitig planen, erfolgreich übergeben

Bis 2026 stehen in Deutschland über 560.000 Unternehmensnachfolgen an – doch nur ein Bruchteil ist gut vorbereitet. Laut KfW-Nachfolge-Monitoring planen 231.000 Unternehmer sogar eine Stilllegung, weil keine Nachfolge gefunden wurde. Für (Familien-)Unternehmen im Raum Aichach-Friedberg ist rechtzeitige Nachfolgeplanung daher überlebenswichtig.

Die Nachfolge-Realität: Zahlen, die nachdenklich machen

Der demografische Wandel erreicht den deutschen Mittelstand mit voller Wucht. Allein 2025 wollen 215.000 Unternehmer ihre Firma übergeben – deutlich mehr als die ursprünglich prognostizierten 125.000 pro Jahr. Die Gründe für diese Beschleunigung sind vielfältig: Corona-bedingte Erschöpfung, veränderte Lebensprioritäten und die Erkenntnis, dass das Lebenswerk rechtzeitig in sichere Hände gehört.

Besonders betroffen: Familienunternehmen der zweiten und dritten Generation, deren Gründer zwischen 1950 und 1970 geboren wurden und jetzt das Rentenalter erreichen.

Regionale Besonderheiten: Im wirtschaftsstarken Bayern, zu dem auch der Raum Aichach-Friedberg gehört, ist die Nachfolgeproblematik besonders ausgeprägt, da hier überdurchschnittlich viele erfolgreiche Familienunternehmen existieren.

Die größten Stolpersteine bei der Nachfolgeplanung

1. Zu späte Planung

Das Problem: Die meisten Unternehmer beginnen erst 2-3 Jahre vor der geplanten Übergabe mit der Nachfolgeplanung. Für eine strukturierte Übergabe sind jedoch 5-10 Jahre realistisch.

Die Konsequenzen

  • Zeitdruck führt zu suboptimalen Lösungen
  • Höhere Steuerbelastung durch fehlende Gestaltungsspielräume
  • Unvollständige Einarbeitung des Nachfolgers
  • Emotionale Belastung für alle Beteiligten

2. Familieninterne Konflikte

Klassische Konfliktfelder:

  • Mehrere Kinder mit unterschiedlichen Interessen
  • Unterschiedliche Vorstellungen über die Unternehmenszukunft
  • Unklare Rollen zwischen Senior und Junior
  • Finanzierungsfragen bei Auszahlungen

3. Fehlende externe Optionen

Wenn Familiennachfolge nicht möglich ist, fehlen oft Alternativen:

  • Management-Buy-out (MBO) nicht vorbereitet
  • Verkauf an Dritte emotional schwer akzeptierbar
  • Mangel an geeigneten Käufern in der Region

Nachfolgemodelle im Überblick: Vor- und Nachteile

Phase 1: Strategische Vorbereitung (5-10 Jahre vorher)

Phase 2: Nachfolgersuche und -entwicklung (3-5 Jahre vorher)

Phase 3: Umsetzung und Übergabe (1-2 Jahre)

Finanzierung der Nachfolge: Kreative Lösungsansätze

Earn-out-Modelle: Der Kaufpreis wird teilweise von der zukünftigen Unternehmensentwicklung abhängig gemacht. Vorteil: Risikoteilung zwischen Käufer und Verkäufer.

Verkäuferfinanzierung: Der Unternehmer stundet einen Teil des Kaufpreises. Vorteil: Möglichkeit höherer Kaufpreise bei begrenzter Eigenkapitalausstattung des Käufers.

Gesellschafterlösungen: Gestufte Übertragung über mehrere Jahre zur Optimierung der Steuerbelastung.

Die Rolle regionaler Netzwerke bei der Nachfolge

Für Unternehmen im Raum Aichach-Friedberg bieten regionale Netzwerke wie das KMU-Netzwerk wichtige Unterstützung:

Erfahrungsaustausch:

  • Lernen von anderen erfolgreichen Nachfolgen
  • Vermeidung typischer Fehler
  • Emotionale Unterstützung in schwierigen Phasen

Netzwerk-Effekte:

  • Kontakte zu potenziellen Nachfolgern
  • Empfehlungen für spezialisierte Berater
  • Möglichkeiten für Management-Buy-outs innerhalb des Netzwerks

Gemeinsame Lösungen:

  • Kooperationen bei der Nachfolgersuche
  • Geteilte Kosten für Beratungsleistungen
  • Mentoring-Programme zwischen Unternehmern

Typische Fehler und wie Sie sie vermeiden

Fehler 1: Nachfolge als Tabuthema
Lösung
: Offene Kommunikation von Anfang an, regelmäßige Familiengespräche

Fehler 2: Überschätzung der Unternehmensbewertung
Lösung: Frühzeitige, externe Bewertung durch unabhängige Experten

Fehler 3: Vernachlässigung der Steuerplanung
Lösung: Einbindung von Steuerberatern ab der ersten Planungsphase

Fehler 4: Unvollständige Dokumentation
Lösung: Systematische Aufbereitung aller Geschäftsprozesse und Kundenbeziehungen

Externe Unterstützung: Wann welche Experten?

  • Rechtsanwälte: Vertragsgestaltung, Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht
  • Steuerberater: Steueroptimierung, Bewertung, StrukturgestaltungUnternehmensberater: Strategieentwicklung,
  • Prozessoptimierung
  • M&A-Berater: Käufersuche, Verhandlungsführung, Bewertung
  • Psychologen/Coaches: Familiendynamik, Konfliktlösung, Persönlichkeitsentwicklung

Nachfolge als Chance: Positive Aspekte der Übergabe

Eine gut geplante Nachfolge bedeutet nicht nur Abschied, sondern auch:

  • Sicherung des Lebenswerks für die nächste Generation
  • Neue Perspektiven für das Unternehmen
  • Finanzielle Absicherung für den Ruhestand
  • Entlastung von der täglichen Verantwortung
  • Stolz auf eine erfolgreiche Übergabe

Nachfolge braucht Zeit, Struktur und Unterstützung

Unternehmensnachfolge ist einer der komplexesten Prozesse im Unternehmerleben. Erfolgreich wird sie nur durch rechtzeitige Planung, professionelle Unterstützung und die Bereitschaft, auch emotionale Aspekte zu berücksichtigen.

Für Unternehmer:innen im Raum Aichach-Friedberg bietet die regionale Vernetzung besondere Chancen: Der Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmern, die diesen Weg bereits gegangen sind, ist oft wertvoller als jede theoretische Beratung.

Der wichtigste Rat: Beginnen Sie heute mit der Nachfolgeplanung – auch wenn die Übergabe noch Jahre entfernt scheint. Ihr Unternehmen, Ihre Familie und Ihre Mitarbeiter:innen werden es Ihnen danken.

Die Nachfolgeplanung beschäftigt Sie? Im KMU-Netzwerk Aichach-Friedberg finden Sie Unternehmer:innen, die diesen Weg bereits erfolgreich gemeistert haben, oder vor der gleichen Herausforderung stehen. Denn bei einem so wichtigen Schritt sollten Sie nicht allein sein.